Tjaffer hat geschrieben: ↑Fr 2. Sep 2022, 18:10
Die Arbeitswelt ändert sich, auch weil die technischen Möglichkeiten anders sind.
Waren Telcos vor 20 Jahren noch was spezielles, sind heute Video-Calls mit mehreren Teilnehmern ganz normal.
In einer virtuellen Arbeitswelt gibt es natürlich auch Nachteile. Der Programmierer muß nicht vor Ort sein, ich kann also jemanden irgendwo auf der Welt anstellen, der das kann - das erzeugt eine neue Konkurrenzsituation, andernseits kann ich jemanden mit den notwendigen Fähigkeiten bekommen, ohne dass ich den von einem Umzug überzeugen muß.
(Es gibt Grenzen, weil es gibt z.Bs. Länder, wenn ich da wen einstelle, dann muß ich eine lokale legal Entity aufsetzen (kostet Geld) und dann muß ich ggf. lokal einen Teil der globalen Einkünfte versteuern (kann ganz viel Geld kosten). Hiermit meine ich nicht die Konstrukte von IKEA (da machen die Niederlande die Einkünfte steuerfrei) oder Amazon/Google, sondern in einem Land war es so, dass man dort 10% des weltweiten Umsatzes als Steuer abführen muß, egal, was man sont wo an Steuern zahlt. In solch einem Land will man nicht nur 1 Person anstellen - 100 Personen ist OK, aber nicht 1.....)
Was gibt es denn, wozu mein Chef mich persönlich sehen muß? Nichts.
Selbst Einstellungen und Kündigungen laufen heute im Videocall. Es wäre auch sehr unpraktisch, wenn ich z.Bs. für eine Einstellung jemanden aus Malaysia nach Deutschland kommen lassen würde. Weil ich der Einziger in der Firma in Deutschland bin, kann es hier noch nicht mal ein Teammeeting geben.
Es gibt einfach keinen Grund mehr, vor Ort zu sein, wenn die Tätigkeit nicht vor Ort ausgeführt werden muß (ein Maurer kann kein Home Office auf den Malvediven machen, außer er mauert auf den Malvediven).
Und ja, es gibt ein paar Probleme, die sind aber meistens eher dem nicht hinterherkommen der Strukturen geschuldet.
Ich bin der einzige Mitarbeiter einer US Firma. Rentenversicherung war einfach, Krankenkasse ging so, Lohnsteuer war ein echtes Problem. Das liegt aber daran, dass die RV zentral organisiert ist und damit mein Fall für die gar nicht so selten ist, die Krankenkasse pragmatisch rangeht und damit auch bei dezentraler Organisation das hinbekommt, während die Finanzämter alle lokal ohne Vernetzung auf Bundesebene arbeiten, weil mein Fall beim hiesigen FA halt noch nie nicht gar nicht vorgekommen war. Mein Lohnbüro hat 6 Monate (und unendlich viele Korrekturen) gebraucht, bis meine Abrechnung richtig war.
(Fun Fact: Es gibt eine Arbeitgeber Abteilung und eine Arbeitnehmer Abteilung, keiner wollte mich haben, leider konnte ich die nicht davon überzeugen, dass das OK ist und gar keine Steuern zahlen, das wollten die dann auch wieder nicht)
Organisatorisch ist es (fast) egal, ob ich in einem Büro sitze und dort am Computer arbeite oder ob ich zu Hause am Computer sitze. Das ist eh' ein Firmenlaptop und der Zugriff auf Firmendaten erfolgt so oder so über ein VPN (non-trusted-network) oder es werden Clouddienste benutzt.
Bei verteilten Teams muß ich eh' eine Telco/VideoCall machen, um mit den Kollegen zu sprechen. Da ist es dann auch egal, ob die Kollegen an einem anderem Standort oder im Home Office sind.
Das hat zur Folge, dass Firmen ihre Bürofläche massiv verkleinern und Büros zum Teil nur noch für Kernfunktionen vorhalten bzw. die Standorte dem Treffen mit Kunden oder im Team dienen. Letzteres ist dann ein Problem, wenn die Teams verteilt aufgestellt sind. Treffen im Team ist toll, geht aber häufig schon gar nicht mehr in Person.
Beispiel: Ich will ein Treffen mit einem meiner Produktteams - der Produkt Manager sitzt in Malaysia, Marketing Manager sitzt in Denver/USA, Digital Content Manager sitzt in Argentinien, Projekt Lead sitzt in Montenegro, Developers sind über die Welt verteilt. Die Firma würde mich für verrückt halten, wenn ich ein sagen wir mal 2 Stunden Meeting in Hamburg abhalten lassen wollte mit allen vor Ort.
Meine Ex-Firma ist gerade umgezogen, der neue Standort hat nur noch 2/3 der Fläche vom alten Standort, und das wo 3 andere Standorte aufgegeben wurden.
Meine aktuelle Firma hat gar kein Office mehr. Nur noch eine Postanschrift. Das will ich jetzt nicht durchrechnen, was das für Folgen für die Rendite hat. Wobei Rendite war nicht der Grund für kein Office, eher der fehlende Bedarf. Was wir haben sind Rechenzentren, aber da will man sich nicht drin treffen, zu laut und zu warm
Warum haben dann die Firmen alle noch so viele Büros, warum baut Conti in Hannover ein Riesenbürogebäude? Nicht jede Firma kann komplett remote arbeiten, manche Firmen sind eher lokal organisiert (oder auch in lokalen Clustern). Manche wie Google sehen einen Mehrwert, wenn alle Mitarbeiter zusammen hocken.
Bitte sehr,
gruss kai (Sabine ist eh' beim 'Kunden' oder die kommen zu ihr, da geht Home Office gar nicht. Aber theoretisch würde die Arbeit ohne 'Office' gehen, dann halt wie ein Maurer vor Ort beim 'Kunden', zahlen aber die Krankenkassen nicht)