<Anon1> hat geschrieben: Sa 3. Apr 2021, 09:57
In meiner Tageszeitung gibt es eine Rubrik: Heute vor XX Jahren, hier vor 50 Jahren:
WAZ hat geschrieben:Die Post kündigt an, von der Preiserhöhung ab 1. Juli 1971 die teuren Ferngespräche auszunehmen. Für eine Gesprächseinheit von dann 21 statt 18 Pfennig kann bei 200 bis 300 Kilometer Entfernung zwölf statt zehn Sekunden lang telefoniert werden. Eine Minute Ferngegspräch kostet also über eine Mark.
Das waren noch Zeiten...

Für die jüngeren, mein Gehalt betrug zu der Zeit 986 DM, Brutto!
Das waren Zeiten! Was fällt Euch dazu so ein?
Da fällt mir eine ganze Menge ein, hoffentlich langweile ich niemand damit.
Als ich 1957 aus Masuren/Ostpreußen in Deutschland ankam, mußte ich aus fam. Gründen nach div. kurzen Stationen bei der Verwandschaft meiner Mutter bei Pflegeleltern auf einem Bauernhof in einem oberhessischen Dorf unterkommen.
Damals, vor über 60 Jahren, hat mein Pflegevater seine gesamten 75 Morgen Land mit 3 Pferden bewirtschaftet. D.h. fast alle Arbeiten wie Pflügen, Eggen, Säen, mähen usw wurde mit 2 Pferden erledigt.
Wenn Getreideerntezeit war, wurden 3 Pferde vor den Binder
https://terrabc.org/technik-bauen/techn ... hmaschine/
gespannt und das geschnittene Getreide wurde in Garben ausgeworfen, die dann 6 Stückweise zum trocknen auf einem Haufen aufgestellt wurden.
Ich als der Kleinste mußte die erste Garbe festhalten, an die dann von den familiären Erntehelfern und Knechten und Mägden weitere Garben gelehnt/gestellt wurden. Am Abend war ich dann fix und alle von der Hitze, der Arbeit und den stechenden Ähren, mit denen man traktiert wurde.
Später wurden die Garben dann in die Scheune gefahren und dort bis zum Winter gelagert, bis die große Dreschmaschine auf den Hof gezogen worden ist.
Die lief dann 1 - 2 Tage lang und jeder Sack Getreide zwischen 50 und 70 Kg mußte von starken Helfern auf den Trockenboden im zweiten Stock getragen werden.
Am Schluss waren dann alle Helfer groggy.
Für mich war es keine schöne Zeit, denn ich war im Prinzip auch ein Knecht bis zu meinem 15 Lebensjahr, für den die Pflegeeltern vom Jugendamt auch noch Pflegegeld bekommen haben.
Morgens um 6.00 Uhr aufstehen, Pferde misten und füttern, dann waschen und ab zu Fuß in die 2 Km entfernte Schule.
Nachder Schule gings heim und ab aufs Feld.
Danach zurück nach Hause, Pferde füttern und ab in den Kuhstall zum melken.
Nach dem Abendessen mußten die Hausaufgaben erledigt werden, so man dazu noch einigermaßen in der Lage war. Spielen mit Gleichartigen gabs nicht, das einzige Vergnügen bestand darin, Sonntagnachmittag im Dorfgasthaus 2 Stunden lang "Sprung aus den Wolken", "Am Fuß der blauen Berge", "Lasssie" oder "Fury" und wie die Serien alle hießen, zu schauen.
Da bekam ich um 13.00 Uhr 50 Pfennig in die Hand gedrückt. Dafür gabs beim Dorfwirt, er war der einzige, der schon eine TV Gerät besaß, eine Cola oder eine Sinalco und eine Tüte Salzstangen.
Spätestens um 16.00 Uhr begann wieder die Stallarbeit.
Mit 15 bin ich dann abgehauen weil ich vorher heimlich in Fulda die Aufnahmeprüfung für die Postlaufbahn als Postjungbote gemacht hatte,
um am 1.4.1964 als Postjungbote in Ffm auf dem Postamt1, Hauptpostamt auf der Zeil, meine Lehre zu beginnen.
Da bekam ich einen Teil meiner Kleidung (Uniform) gestellt und wohnte in einem Lehrlingswohnheim in Offenbach.
Ach, es gäbe noch sehr viel zu erzählen.
Das waren noch Zeiten.....und ist schon so lange her.
Edit.:
1967, die Lehrzeit war gerade rum, wurde mir für 400.- eine Renault Dauphine angeboten. Natürlich hatte ich keine 400.- DM, also habe ich sie mir geliehen und noch bevor ich die Hälfte zurück bezahlt hatte,
bin ich einem alten M17 leicht drauf gefahren.
An seinem Auto war kein Schaden zu sehen, meine geliebte Dauphine war Totalschaden, auch weil ich kein Geld für die Reparatur hatte bei einem monatlichen Einkommen von 350.- DM. Es war zum Heulen.....
Ich habe seitdem außer fürs Haus nie mehr Schulden gemacht,
das war mir eine Lehre.
Habe aber auch daraufhin meine geplante Beamtenlaufbahn bei der Post gekündigt und als Auslieferungsfahrer angefangen und so mein Gehalt in der freien Wirtschaft sofort verfünffacht. Da erst begann ich zu leben, denn es war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Die beste war 1992 meine jetzige Frau geheiratet zu haben.

Die erste Ehe 1970 war der größte Fehler meines Lebens, eine totale Fehlentscheidung/Mußehe nach dem Motto: "1 x probiert und gleich gekonnt"

Wie das früher so war, haste ein Mädel geschwängert, mußtest Du sie auch heiraten......